Die
Einleitung zu diesem Kapitel bildet eine alte Memminger Sage: Die
verhexten Münzen
Im
meiner Heimatstadt fand ein Mädchen in dem Alter, als die Kinder zum ersten Mal
das Abendmahl empfangen, auf dem Kirchweg eine knopfgroße, silberglänzende
Münze. Es hob sie auf und steckte sie in den Rocksaum. Kurz nachdem es
heimgekommen war, war das Kind plötzlich an beiden Beinen gelähmt. Weder Doktor
noch Bader, die man rief, wussten Rat.
Da ließ man den Scharfrichter kommen. Der nahm schnurstracks den Rock vom Rahmen, holte den Silberknopf aus dem Saum, warf ihn ein paar Mal auf den Tisch und sagte lachend: „Hört, wie das Silber klingt!" Aber das war Spott, denn jedes Mal, wenn das Geldstück den Tisch berührte, klang es durchs Haus wie Donnerrollen, und alle bekamen es mit der Angst zu tun.
Der Scharfrichter aber ließ sich eine Feile geben, machte die Münze zu Spänen und ließ diese das kranke Mädchen in einem Glas Wein trinken. Alsbald kroch der Gelähmten eine kleine schwarze Schlange aus dem Leib. Die schlug der Henker tot und warf sie ins Feuer. Vom gleichen Augenblick an konnte das Kind wieder gehen und war gesund wie zuvor. Der Scharfrichter gab ihm nun den Rat, es solle in der Kirche auf die Person achten, die Kopf und Hände verbunden habe; von dieser nämlich komme das Hexenwerk. Jetzt aber seien ihr beim Verbrennen der Schlange Wunden geblieben.
Wie erstaunte das Mädchen, als es anderntags in der Kirche seine eigene Base in dieser Aufmachung erblickte. Als die Leute dem Scharfrichter danken und ihn belohnen wollten, lehnte er ab. Man solle lieber jedes Mal, wenn er einem armen Sünder den Kopf abschlagen müsse, für ihn und sein Opfer ein Vaterunser beten.
Da ließ man den Scharfrichter kommen. Der nahm schnurstracks den Rock vom Rahmen, holte den Silberknopf aus dem Saum, warf ihn ein paar Mal auf den Tisch und sagte lachend: „Hört, wie das Silber klingt!" Aber das war Spott, denn jedes Mal, wenn das Geldstück den Tisch berührte, klang es durchs Haus wie Donnerrollen, und alle bekamen es mit der Angst zu tun.
Der Scharfrichter aber ließ sich eine Feile geben, machte die Münze zu Spänen und ließ diese das kranke Mädchen in einem Glas Wein trinken. Alsbald kroch der Gelähmten eine kleine schwarze Schlange aus dem Leib. Die schlug der Henker tot und warf sie ins Feuer. Vom gleichen Augenblick an konnte das Kind wieder gehen und war gesund wie zuvor. Der Scharfrichter gab ihm nun den Rat, es solle in der Kirche auf die Person achten, die Kopf und Hände verbunden habe; von dieser nämlich komme das Hexenwerk. Jetzt aber seien ihr beim Verbrennen der Schlange Wunden geblieben.
Wie erstaunte das Mädchen, als es anderntags in der Kirche seine eigene Base in dieser Aufmachung erblickte. Als die Leute dem Scharfrichter danken und ihn belohnen wollten, lehnte er ab. Man solle lieber jedes Mal, wenn er einem armen Sünder den Kopf abschlagen müsse, für ihn und sein Opfer ein Vaterunser beten.
Diese Sage,
so klein und unscheinbar sie auch sein mag, gibt doch verschiedene Sichtweisen
auf den hiesigen Amtsinhaber wieder:
-
er
war ein Mann, dem man vertraute, wenn es um magische Praktiken oder Hexerei
ging
-
man
ließ ihn ins Haus kommen, obwohl er als unehrlich galt
-
er
war ein frommer Mann, der statt einer Belohung um ein „Vaterunser“ bat
Der genaue
Zeitpunkt, zu dem ein Scharfrichter in Memmingen angestellt wurde, ist unbekannt.
Es muß aber aber der Mitte des 15. Jahrhunderts gewesen sein, jedenfalls
erwähnt die Stadtchronik 1428 einen „Meister Hans“.
Memmingen
besaß zu diesem Zeitpunkt neben dem „Blutbann“ auch die „Niedrige“ und „Hohe
Gerichtsbarkeit“. Zudem muß die Stadt vermögend gewesen sein, denn nur reiche
Städte konnten sich einen Scharfrichter leisten.
Das es
einen Scharfrichter gab, wenn sein Name auch hinter der Bezeichnung „Meister
Hans“ verborgen war, geht aus folgendem Fall hervor.
1518
verdächtigte der Patrizier Jörg Besserer, er hatte im nahe gelegenen Dorf Pleß
die Niedergerichtsbarkeit inne, eine Bauersfrau der Hexerei. Ihre Familie stand
ohnehin im Verdacht, eine Familie von „Unholden“ zu sein, man war allerdings
nie gerichtlich gegen sie vorgegangen.
Der besagte Jörg Besserer wandte sich nun an den Rat der Stadt Memmingen, da Memmingen auch die Hochgerichtsbarkeit inne hatte, und ersuchte darum, dass der Fall untersucht würde.
Da der Memminger Scharfrichter sich überfordert fühlte, oder einfach nicht mitmachen wollte, wandte sich die Reichsstadt an die beiden habsburgischen Landstädte Saulgau und Waldsee im alten Einfluß der päpstlichen Inquisitoren, wo man mit Hexenprozessen Erfahrung hatte.
Der Scharfrichter von Saulgau genoß wegen seiner Verhörkunst weithin Berühmtheit und dieser „Hexenmeister“ wurde nun angefordert. Kaum war er in der Reichsstadt angekommen, ließ er sich, auf Kosten der Stadt, neue Folterwerkzeuge anfertigen!
Die nachfolgenden Verhöre wurden offenbar durch ihn bestimmt, da er sich offensichtlich in allen Feinheiten des Hexenprozesses auskannte. Er nutzte Weihwasser, Weihrauch, geweihtes Salz, Rasur, Tränenprobe und die Wiederholung der Tortur „maleficium taciturniatis“.
Der Rat war aber nicht gewillt, diesen "Spielchen", die zu nichts führten, zuzusehen. Kurzerhand wurde der Saulgauer Scharfrichter entlassen und die Frau, nach einigen Wochen Haft wieder freigelassen.
Wie man sieht, gab es schon lange vor den drei berühmten „Hexenspezialisten“ Kuisl, Hiert und Vollmar, Scharfrichter, die alte Methoden „wiederbelebten“ und dadurch eine höchst zweifelhafte Kompetenz“ erlangten.
Das wurde natürlich alles abgerechnet und bezahlt, inclusive Übernachtung, Verpflegung, wobei er bei seinem „Vetter“ unterkam, der dies natürlich abrechnen konnte, und neuer Werkzeuge - ein Schelm, wer Böses dabei denkt....
Jedenfalls scheint dieses Ereignis dem Rat der Stadt eine Lehre gewesen zu sein: nie wieder wurde eine „Hexenmeister“ angefordert.
Der besagte Jörg Besserer wandte sich nun an den Rat der Stadt Memmingen, da Memmingen auch die Hochgerichtsbarkeit inne hatte, und ersuchte darum, dass der Fall untersucht würde.
Da der Memminger Scharfrichter sich überfordert fühlte, oder einfach nicht mitmachen wollte, wandte sich die Reichsstadt an die beiden habsburgischen Landstädte Saulgau und Waldsee im alten Einfluß der päpstlichen Inquisitoren, wo man mit Hexenprozessen Erfahrung hatte.
Der Scharfrichter von Saulgau genoß wegen seiner Verhörkunst weithin Berühmtheit und dieser „Hexenmeister“ wurde nun angefordert. Kaum war er in der Reichsstadt angekommen, ließ er sich, auf Kosten der Stadt, neue Folterwerkzeuge anfertigen!
Die nachfolgenden Verhöre wurden offenbar durch ihn bestimmt, da er sich offensichtlich in allen Feinheiten des Hexenprozesses auskannte. Er nutzte Weihwasser, Weihrauch, geweihtes Salz, Rasur, Tränenprobe und die Wiederholung der Tortur „maleficium taciturniatis“.
Der Rat war aber nicht gewillt, diesen "Spielchen", die zu nichts führten, zuzusehen. Kurzerhand wurde der Saulgauer Scharfrichter entlassen und die Frau, nach einigen Wochen Haft wieder freigelassen.
Wie man sieht, gab es schon lange vor den drei berühmten „Hexenspezialisten“ Kuisl, Hiert und Vollmar, Scharfrichter, die alte Methoden „wiederbelebten“ und dadurch eine höchst zweifelhafte Kompetenz“ erlangten.
Das wurde natürlich alles abgerechnet und bezahlt, inclusive Übernachtung, Verpflegung, wobei er bei seinem „Vetter“ unterkam, der dies natürlich abrechnen konnte, und neuer Werkzeuge - ein Schelm, wer Böses dabei denkt....
Jedenfalls scheint dieses Ereignis dem Rat der Stadt eine Lehre gewesen zu sein: nie wieder wurde eine „Hexenmeister“ angefordert.
Doch nun zu
den Memminger Scharfrichtern, die urkundlich mit ihren Namen und der Länge
ihrer Amtszeit bekannt sind. Das Ende der Amtszeit muß nicht unbedingt den Tod
des Amtsträgers bedeuten. Es konnte ebenso ein Stellenwechsel sein, es gab
begehrte Stellen im Deutschen Reich, wie z.B. Nürnberg, die Nachrichterstelle überhaupt. Oder der Scharfrichter setzte sich
zur Ruhe, ebenso war es möglich, dass er, gegen einen saftigen Batzen Geld, den
Bürgerbrief erwarb, der ihn und seine Familie ehrlich machte und andere
berufliche Möglichkeiten eröffnete.
Hans Leycham (Leicham, Leichum,
Leichnam) – 1553 bis 1561
Meister
Hans Leycham trat sein Amt am 17.Juni 1553 an.
In seinem Bestallungsbrief wurden folgende Punkte
festgehalten:
-
Grundlohn:
wöchentlich 1 Pfund (Silbergeld)
-
Reinigung
der Mauern: 5 Schillinge
-
Jährlich:
2 bis 4 Gulden für gute Kleidung
-
Pro
Hinrichtung: 5 Schillinge für neue Handsschuhe
-
Pro
„schauerliche Hinrichtung“: 2 Gulden
-
Abrechung
von Folter und Hinrichtung nach Gebührenkatalog
-
Von
den Fuggern darf ein Dienstgeld angenommen werden
-
Freie
Dienstwohung
-
Befreiung
von den städtischen Steuern
-
An
jedem Quatember eine Ladung Brennholz, in „guten Jahren“ eine Ladung mehr
-
Kündigunsfrist:
kündigt die Stadt, ein Vierteljahr, kündigt er, ein halbes Jahr.
-
2
Fuder Wein jährlich ( 1 Fuder = 1.800 Liter)
Kurios:
1528 erließ die Stadt für die Bürger ein Verbot, mit dem Scharfrichter sowie
seiner Familie zu essen und zu trinken.
Gleichzeitig
lieferte die Stadt jährlich 2 Fuder Wein, auf die der Scharfrichter kein
Ungeld, also keine Steuer bezahlte. Es war ihm sogar erlaubt, eine Schenke,
eine Kneipe, zu betreiben!
Die
Schankerlaubnis ist für mich nicht ungewöhnlich, denn schräg gegenüber dem
Scharfrichterhaus befand sich das städtische Bordell, dass der Nachrichter
ebenfalls beaufsichtigen musste.
Auf dem
Bild sieht man an der Stadtmauer oben das stattliche Scharfrichterhaus, mit
Garten und Nebengebäuden.
Was lag
näher, vor dem Besuch des Bordells, in Scharfrichters Kneipe „vorzuglühen“
oder, zu später nächtlicher Stunde, bzw. nach dem Bordellbesuch, der nicht als
anrüchig galt, noch einen kleinen „Absacker“ zu nehmen?
Mann darf
sich das Spätmittelalter nicht als Epoche vorstellen, in der die Menschen
überaus fromm und sittlich waren. Das ist ein Bild, das uns die Vorstellung des
19. Jahrhunderts vermittelt hat.
Außerdem
stand das Scharfrichterhaus im „unreinen Viertel“, also in der Nachbarschaft
der Hübschlerinnen, der Leineweber, usw. und auch diese Menschen wollten gerne
in die Schenke gehen; man blieb unter sich.
*Eine Erklärung zu den Geldwerten*
Das Pfund ist ein altes Gewichtsmaß und entsprach 240 Pfennigen. Das entspricht einer heutigen Kaufkraft von ca. 7.000 €.
Der Pfennig hatte eine Kaufkraft von etwa 30 €.
Der Gulden war aus Silber oder Gold und hatte ebenfalls eine gute Kaufkraft.
Der Schilling hatte eine Kaufkraft von etwa 360 €.
Man darf nie vergessen, dass das Geld durch sich selbst gedeckt war, da es aus Silber oder Gold bestand.
Falschmünzerei war ein schweres Delikt und den "Kippern und Wippern" drohten drakonische Strafen, wie etwa das Sieden im heißen Öl, das Abschneiden der Hand sowie der Tod auf dem Scheiterhaufen.
*Eine Erklärung zu den Geldwerten*
Das Pfund ist ein altes Gewichtsmaß und entsprach 240 Pfennigen. Das entspricht einer heutigen Kaufkraft von ca. 7.000 €.
Der Pfennig hatte eine Kaufkraft von etwa 30 €.
Der Gulden war aus Silber oder Gold und hatte ebenfalls eine gute Kaufkraft.
Der Schilling hatte eine Kaufkraft von etwa 360 €.
Man darf nie vergessen, dass das Geld durch sich selbst gedeckt war, da es aus Silber oder Gold bestand.
Falschmünzerei war ein schweres Delikt und den "Kippern und Wippern" drohten drakonische Strafen, wie etwa das Sieden im heißen Öl, das Abschneiden der Hand sowie der Tod auf dem Scheiterhaufen.